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Dierk Schaefers Blog: Mit einer Stiftung kann man stiften gehen

Posted on October 29 2015

Posted in Firmenethik, Geschichte, Kinder, Kinderheime, Kinderrechte, Kindeswohl, Kirche by dierkschaefer on 28. Oktober 2015

Was haben Atomkraftwerkbetreiber mit einer diakonischen Einrichtung gemeinsam? Die Einrichtung einer bad bank, wie es die Banken in der Finanzkrise getan haben. Allerdings hat man einen honorigen Namen dafür gefunden: Stiftung. Das klingt besser und hat denselben Zweck: Man lagert die kostenträchtigen Altlasten aus.

So anscheinend auch die Rotenburger Werke[1].

Werke im kirchlichen Jargon sind mildtätige Einrichtungen. Man sollte besser von Sozialkonzernen sprechen. Sie verhalten sich auch wie Konzerne. Manche Konzerne haben „Altlasten“, so auch die Sozialkonzerne. Die stören im Auftritt wie in der Bilanz und müssen entsorgt werden. Eine elegante Methode für diese Aktion ist die Wahl eines Namens, der nicht nur unverdächtig ist, sondern zum humanitären Anstrich solcher Einrichtungen passt. Ein bissel was kosten darf der Vorgang schon. Doch die Kosten müssen niedrig gehalten werden und vor allem kalkulierbar bleiben. Eine Stiftung mit dem Namen „Anerkennung und Hilfe“ scheint ideal für solche Zwecke, – zielführend nennt man das heute.

»Von Juli 2016 an soll rund 80000 Betroffenen, die als Kinder und Jugendliche in deutschen Behindertenheimen misshandelt worden sind, über die Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ eine finanzielle Entschädigung in Aussicht gestellt werden. Auch die Rotenburger Werke haben sich der Initiative von Bund, Ländern und Kirchen im September angeschlossen.«[2]

Wer wird da meckern? Na, die üblichen Verdächtigen.

»Den hiesigen Mitgliedern des Vereins ehemaliger Heimkinder geht diese Ankündigung nicht weit genug. „Junge Menschen, die in den Rotenburger Anstalten betreut werden sollten, mussten dort unter vielfältiger Gewalt leiden. Schlimmer noch, an ihnen wurden von Ärzten und Betreuern Vergehen und Verbrechen verübt“, heißt es in einer Presseerklärung. Die einzige konkrete und direkte Hilfe, die die Leitung der Rotenburger Werke in dieser Situation den Betroffenen anbiete, bestehe aber in der Bereitschaft, sie bei der Antragstellung bei der Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ zu unterstützen. Das sei nicht akzeptabel: „Es ist das offensichtliche Bestreben der Leitung der Rotenburger Werke, die eigene Verantwortung für die Betroffenen aus ihrer Einrichtung an diese Stiftung abzugeben.“ Grundsätzlich sei anzumerken, dass die künftige Stiftung keine Entschädigung zahle, sondern es gehe um „Anerkennung durch Geldleistungen“.«

Und ohnehin: eine finanzielle Entschädigung soll in Aussicht gestellt werden, – wie schön, wie unverbindlich.

Was haben Atomkraftwerkbetreiber mit einer diakonischen Einrichtung gemeinsam? Mehr als man sich vorgestellt hat.

[1] http://www.rotenburger-werke.de/

[2] Zitate aus: https://www.kreiszeitung.de/lokales/rotenburg/rotenburg-ort120515/entschaedigung-ueber-stiftung-unzureichend-deklassiert-abgeschoben-5690818.html Dienstag, 27. Oktober 2015

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